Vorgeschichte

Die Vorgeschichte der Vertreibung beginnt nicht 1939, sondern schon im 19. Jahrhundert mit dem "Erwachen" der Völker, dem "Risorgimento". Er umfasste die Ideen und die politische - soziale Bewegung, die zur Errichtung des nationalen Einheitsstaates führen sollte.

Nach großen Nationen wie Deutschland oder Italien strebten auch immer mehr kleinere Länder und Regionen nach nationaler Selbstbestimmung.

In einem Vielvölkerreich wie Österreich-Ungarn wurde die Nationalitätenfrage zunehmend zum zentralen Problem mit großer Sprengwirkung. Sie war dann auch zumindest Auslöser des Ersten Weltkrieges, der Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts.

Bereits in den Balkankriegen 1912/13 und im Fall der türkischen Armenier Deportation ab 1915 waren Vertreibungen und Zwangsumsiedlungen mittel der Politik.

Einer der Marksteine der Geschichte von "ethnic engineering" war dann der Lausanner Vertrag von 1923, der Zwangsumsiedlungen völkerrechtlich guthieß. Nach 1933 folgten die Fluchtbewegungen und erzwungenen Umsiedlungen in der Sowjetunion und die fatale NS-Politik, die Juden und politisch Andersdenkende ins Exil oder in die Vernichtung trieb, und zugleich Gebiete mit Anteilen deutscher Bevölkerung "heim ins Reich" holte. 1938 betraf das nach dem "Münchener Abkommen" die Sudetengebiete.

Auf Konferenzen in Teheran 1943 und Jalta 1945 beschlossen die Alliierten für die Zeit nach dem Krieg die Aufteilung Deutschlands.

Als Ergebnis der "Potsdamer Konferenz" 1945 dann auch die "ordnungsgemäße Überführung deutscher Bevölkerungsteile" aus Polen, der Tschechoslowakei und Ungarn.

                                                             aus dem Buch "Fremde Heimat"

Das Unrecht der Benes - Dekrete

Zwischen 1940 und Oktober 1945 erlässt Edvard Benes als tschechoslowakischer (Exil)-Präsident insgesamt 143 Dekrete. Zwölf dieser Dekrete sprechen die in der Tschechoslowakei lebenden  Deutschen und Ungarn kollektiv schuldig und machen sie weitgehend rechtlos. 

Ihr Eigentum wird eingezogen, die Staatsbürgerschaft aberkannt. Damit sind die Voraussetzungen für die Vertreibung geschaffen.

Am 8. Mai 1946 verabschiedet das tschech. Parlament das sogenannte Straffreistellungsgesetz, nach dem faktisch alle an Deutschen und Ungarn verübten Verbrechen für legal erklärt werden.

Die diskriminierenden Benes-Dekrete und das Straffreistellungsgesetz sind bis heute Bestandteil des tschech. Rechtswesens und gelten faktisch weiter.

                                                              aus Sudetendeutsche Landsmannschaft


Aus der Sicht der betroffenen Menschen 

(aus dem Buch "Unvergessene Heimat")

Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges  wollte die in geschlossenen deutschen Gebieten lebende Bevölkerung einmütig bei Österreich bleiben. Aber über das hehre Gebot "Volkes Wille, Gottes Wille!" setzten sich auf Betreiben tschech. Politker die damals Mächtigen hinweg.

Als Ende 1918 die sudetendeutschen Gebiete von tschech. Militär besetzt wurden, musste es die Not leidende, geschwächte Bevölkerung hinnehmen. 

Deutsche Arbeitsplätze gingen an Tschechen verloren. Staatsbeamte und Staatsangestellte durften nur in Ämtern bleiben, wenn sie der tschechoslowakischen Sprache mächtig waren. Not und Elend hielten Einzug.

In die rein deutschen Orte - wie auch Tichlowitz - kamen tschechische Familien. Eine Bodenreform sorgte dafür, dass fast alle Deutschen enteignet wurden.

Die Arbeitslosigkeit wurde immer größer und unerträglicher. 1934 kam es zum Erliegen der letzten deutschgeführten Betriebe. So u.a. im Schiffbau die Firma Pechanz in Pschüra und die Fa. Dörre als Lieferant von Obst und Zuckerrüben.

Die meisten Arbeitnehmer mussten in der umliegenden Industrie ihren Lebenserwerb suchen. Mit Buckelkorb oder Handwagen wurden Gemüse und Obst aller Art auf die umliegenden Märkte, zumeist von Frauen gebracht um zum Erwerb des Mannes beizutragen.

An dieser Stelle darf es dann nicht verwundern, dass fast alle immer mehr über die Grenzen nach Deutschland blickten, wo nach 1933 in kurzer Zeit die wirtschaftlichen Verhältnisse gemeistert worden waren.

Aus der damaligen Sicht war dann der "Tag der Befreiung" im Oktober 1938 durch das "Münchener Abkommen"  und der tschech. Regierung legitimiert, eine Erlösung für die deutsche Bevölkerung.

Dem Durcheinander des Abzuges der Tschechen folgte der Einmarsch der deutschen Truppen. Fritz Büschel und Ernst Brosche übernahmen als erste Verantwortung für Ruhe und Ordnung im Dorf. 

Vieles von dem, was nun kam, wurde nun freudig begrüßt und bejaht, konnte man doch nicht erahnen, was letztendlich hinter all dem stand.

Das in allen Gremien - ob Partei. ihre Gliederungen, Gemeinde usw. nur noch von oben ernannt wurde, dass es mit freien Wahlen vorbei war, das hatten die meisten nicht gewusst. 

Im ganzen gesehen, erfreute man sich über die neu gewonnene Freiheit.

Der Friede dauerte aber nicht lange. Bereits nach einem halben Jahr überfiel Hitler die restliche Tschechei, schnürte mit Stalin einen Pakt gegen Polen und der unsägliche Zweite Weltkrieg begann.

Jeder musste nun wieder seine Pflicht auch als Soldat erfüllen. In der Folge des Krieges verloren 134 Tichlowitzer ihr Leben. 

Das Leben im Dorf war während des Krieges noch erträglich; mit den Rationen der Lebensmittelkarten geriet es nicht in die Not wie im Ersten Weltkrieg. In Städten mit Luftangriffen war das anders.

1945 - 8. Mai - war das Ende da:                                         Wehe den Besiegten!

Die Vorgeschichte zur Vertreibung endet hier.