Deutscher Turnverein Tichlowitz

In der 1. Tschechoslowakischen Republik wurde am 23. 11. 1919 in Aussig der Deutsche Turnverband mit Sitz in Teplitz-Schönau gegründet.

Außer den üblichen Turndisziplinen wie Geräteturnen, volkstümliches Turnen, Spiel und Sport, Schwimmen, Skifahren, Segelflug sollte auch die Geselligkeit gepflegt und dem heimatlichen Brauchtum Beachtung geschenkt werden.

Die Tätigkeit der Vereine stand jedoch unter der Kontrolle der tschechischen Staatsorgane.

Arthur Stolze – letzter Dietwart des Vereins - schrieb im Jahr 1974 über den Turnverein:   … ein Verein? Allerdings, so hieß er; uns aber war er mehr als ein Verein, uns war er eine Gemeinschaft Gleichgesinnter, in der „Turnbruder“ und „Turnschwester“ das brüderliche „Du“ keine leeren Worte waren, sondern Ausdruck einer Zusammengehörigkeit ohne Rücksicht auf den Stand und Würde, Reichtum und Armut, Volksschul- oder Hochschulbildung. Uns einte das Bestreben jedes einzelnen, im gesunden Körper einen gesunden Geist zu entwickeln. 

Der Mann, der die Jugend ab dem Jahr 1920 in Tichlowitz mitriss, war Lehrer Franz Lösel. Er gründete den Verein am 12.3.1922.

Mitwirkend stellten sich als Erste Carl Heier sen., sowie Ernst Leißner und später auch Josef Nickel zur Verfügung.

Immer mehr junge Menschen kamen in den Turnverband und brachten einen neuen Lebensstil mit. Es wurden Heimatabende, Fahrten und Zeltlager veranstaltet. Der Volkstanz und das Volkslied, auch das Laienspiel wurden gepflegt. 

Es war auch die Geburtsstunde der Jungturner- und Jungmädelschaften. Die Jungen hatten ihr Grauhemd, die Mädchen trugen ein Dirndl mit schwarzem Mieder. Kameradschaft und Disziplin waren Prinzipien des Zusammenlebens.

Bei den sportlichen Wettkämpfen ging es nicht um Höchstleistungen der einzelnen Teilnehmer, sondern um die Gruppenleistung. Die Turnbewegung wurde zu einer echten deutschen Volksbewegung im Sudetenland und somit auch in Tichlowitz.

 

Letzter Turnrat 1938

Arthur Stolze  - Fritz Büschel - Heinrich Wagner

Der Höhepunkt wurde 1937 erreicht. Zwei Drittel der Tichlowitzer gehörten dem Turnverein an. Das waren von etwa 1100 Einwohnern fast 800.

Die sportliche Betätigung hatte für die Tichlowitzer einen sehr hohen Stellenwert. Neben dem Turnen gab es eine Fußball- und eine Handballmannschaft. Im Winter ging es zum Skilaufen in die nahen Berge.

Das Vereinsleben bestand - wie schon beschrieben - aber auch im gesellschaftlichen Miteinander. So wurden in Jahnel's Turnerheim Theaterstücke, Musikaufführungen, Muttertagsfeiern, Nikolaus- und Weihnachtsfeiern veranstaltet.

Turnvorführungen sämtlicher Altersgruppen warben für neue Mitglieder.



Gemeinschaftlich wurde von den Vereinsmitgliedern der Sportplatz hinter dem Meierhof angelegt. Darauf fand u.a. 1938 das große Bezirkssportfest statt.

 In einer Turnerzeitung war zu lesen:

„Wir Sudetendeutschen wollen über unser Schicksal nicht klagen, sondern wollen stolz darauf sein, dass wir Vorposten sein dürfen für das große deutsche Volk“.

Die Auflösung 1938: Mit der Eingliederung in das Deutsche Reich wurde der Turnverband und alle anderen Verbände entweder aufgelöst oder im Januar 1939 in den Nationalsozialistischen Reichsbund für Leibeserziehung aufgenommen.

Neuer Anfang nach 1945: Nach der Vertreibung aus dem Sudetenland versuchten viele Turnlehrer in den örtlichen Vereinen ihres neuen Wohnsitzes Fuß zu fassen und auch mit ihren früheren Turnbrüdern Kontakt aufzunehmen. Der Sudetendeutsche Turnerbrief war das Bindeglied. Alle zwei Jahre wurden Sudetendeutsche Turntage durchgeführt.   

Ein besonderes menschliches wie auch turnerisches Vorbild war in der Ortsgemeinschaft und in der Turnerschaft vor und nach dem Krieg Heinrich (Heinl) Wagner. 


 

Heinl Wagner war federführend an der Erstellung des Manuskriptes zur Herstellung des Buches "Unvergessene Heimat im Bild" im Jahr 1982 beteiligt. Die Drucklegung und Herausgabe des Buches selbst musste damals leider aus Kostengründen zurückgestellt werden. Erst im Jahr 2018 konnte das Projekt erfolgreich umgesetzt werden.

Gedenk- und Mitgliedsbuch 

Ein besonderer Schatz befindet sich noch im Besitz der Ortsgemeinschaft. Es handelt sich dabei um das Gedenk- und Mitgliedsbuch des Deutschen Turnvereins Tichlowitz. Neben Fotos der damals Verantwortlichen, befinden sich darin die Mitgliederlisten sowie Fotos von vielen Veranstaltungen in den 1930iger Jahren.

Die Mitglieder des Turnvereins waren es, die in den 1950iger Jahren den Grundstock der ersten Treffen bildeten. Ohne sie gäbe es heute keine Ortstreffen mehr.

1982 feierten die noch lebenden Mitglieder ihr 60jähriges Bestehen.